(Foto: H.J. Rietberg)
*
*
Geschichten vom Vogelversteher
*
*
*
Raben und Menschen
***
***
Sitzt man oben im Nest, darf der Vogel nach unten sehen. Menschen können das auch, gehören sie zu den Vogelmenschen.
Aber Menschen sind Menschen und könnten Höhenangst haben, säßen sie frei in einem Nest hoch oben. Aber diese Situation kommt ja nicht in der Realität vor, sondern passiert nur in der Welt der Träume. Hier überwältigen sicher die Gefühle; wir schwitzen, zittern und geraten in Panik. Diese Reaktionen sind nachvollziehbar. Wer von uns will schon gerne im Traum abstürzen, ganz zu schweigen in der Realität!
Wollen Menschen so einen Gefühlsmatsch los werden, gehen sie zum Psychologen. Und der Psychologe sagt ihnen dann, alles hat eine viel tiefer liegende Ursache. Das könnte zum Beispiel ein Ausdruck großer Angst vor Veränderung sein, behauptet vielleicht der Mensch. Man selber weiß ja aus Büchern, was in so einer Situation gut tut. Man muss seine Atmung verlangsamen, oder man muss sich ablenken oder versuchen zu entspannen. Man kann aber auch versuchen, mit dem ganzen dicken Ding privat umzugehen und leise zu akzeptieren.
Was aber doch einen Rabenliebhaber in der Tat hier herausfordern könnte, ist der Umstand, der Vogel wird benutzt, und zwar als Dämon böser Träume.
Das Gute an dieser Sache, der Mensch macht sich nun schlau und erfährt gebündelt so manch Erstaunliches über das Tier.
Der Rabe ist ein besonders intelligenter Vogel, das wissen wir ja schon alle. Er ist zu komplexen Handlungen fähig, merkt sich in einer für ihn fatalen Situation Menschen-Gesichter sogar über einen längeren Zeitraum und reagiert dann damit bei einer Begegnung mit dem Menschen. Der Vogel gibt auch erlerntes Wissen an seine Nachkommenschaft weiter.
Aber auch das steht geschrieben: Das Christentum hat den Vogel benutzt, um Frauen als Hexen zu überführen und dann als solche dem göttlichen Gericht im Feuer zu übergeben.
Hätte das mittelalterliche Christentum doch hier mehr von der nordischen Mythologie übernommen! So von Gott Odin, der rechts und links auf seinen Schultern je einen Kolkraben zu sitzen hatte. Die beiden Vögel, Hugin und Munin, besaßen die Aufgabe, ihren Herrn und Gebieter zu berichten, was auf der Welt so vor sich geht.
Naja, im Lauf der Zeit tut sich doch einiges an Veränderung bei Mensch und Tier. Wir können uns ja schlau machen, in Büchern lesen, produktive Gedanken machen und dann einiges davon in die Tat umsetzen.
Aber vielleicht denkt man mit diesem Wissen im Bauch am Ende doch nur recht schlicht und schämt sich fast darob: Hätten die Raben doch einen etwas lieblicheren Ton drauf, vielleicht eine kleine Oktave höher und hier dann mehr schöne, weiche Töne. Wär’ ihr Gefieder doch nicht ganz so rabenschwarz. Wären sie doch nur einen Tick leiser und würden sich nicht so enorm wichtig nehmen …
Ja, dann hätten wir es sicher einfacher mit diesen Vögeln. Was aber kommen würde, sie mit uns.
***
***
*
*
*
*
Literatur:
Josef H. Reichholf: Rabenschwarze Intelligenz. Was wir von Raben lernen können
Wilhelm Busch: Hans Huckebein, der Unglücksrabe
*
Musik:
Franz Schubert: Liederzyklus (D. 911) ‚Die Winterreise‘: Die Krähe (Text von Wilhelm Müller)
*
Beobachte Krähen:
Sie sind bei uns ganzjährig! Halte dich an einen festgelegten Beobachtungs-Zeitraum (Tageszeit und Dauer), statte dich mit einem Fernglas aus, mache dir Notizen. Lass‘ dich von einem Kind begleiten.
Mehr brauchst du nicht. Du wirst bei der Beobachtung von dir selber, d.h. von deinem eigenen Interesse, geleitet. Viel Spaß dabei!
*
*
*
*
(für konstruktive Kritik:
info@glorias-lifestyle.de)