Zitat von Percy Bysshe Shelley, 1792-1822,
Poet der englischen Romantik, Verfechter des Atheismus,
ältester Sohn des reichen Adligen Sir Timothy Shelley, 2nd Baronet of Castle Goring
Hinweis zum Zitat:
Poetisch formulierte, temporär erlebte Störungsempfindung
des gemeinsamen Lebens mit Mary Wollstonecraft Shelley
(Übersetzung: Viele blühende Inseln liegen / im Meer von Qual und Leid …)
Geschichten von Glückstagen
Herzlichen Glückwunsch, liebe Mary!
Die junge Witwe würde nicht auffallen, säße sie uns am Tisch gegenüber. Diese Frau in lockiger Haarpracht, dem weit geschnittenen, hellen Leinenhemd und wadenlang gewebten Rock. Barfuß und aufrecht sitzt sie da. Diese selbstbewusste Frau würde in der Hitze des Tages in Ruhe Hefekuchen und Tee genießen können. Zuhören würde sie. Ganz gewiss. Ja, sie würde Deinem Gerede zuhören. Sie, dieser ungewöhnliche Mensch. Zart und voller Kraft ist sie, ihr Geist zeitlos und fliegt mit blauen Flügeln; ihre Themen aktuell, inspirierend und von tiefer Schönheit.
Es geht um Mary Shelley, geb. als Mary Godwin. Sie kam am 30 August 1797 in London zur Welt, dort verstarb sie auch (1. Februar 1851). Mary Wollstonecraft Shelley, wie sie sich später nannte, hatte besondere Eltern. Ihr Vater, William Godwin, war ein bedeutender Sozialphilosoph und der Begründer des politischen Anarchismus, ihre Mutter, Mary Wollstonecraft, eine bekannte Schriftstellerin und Feministin. Sie verfasste eine gundlegende Arbeit in der Frauenrechtsbewegung. Die Autorin verstarb früh. Mutter und Tochter haben sich leider nur ein paar Tage erlebt, ein Leben lang die Tochter die Mutter verehrt und bewundert.
Mary war in allem sehr ungewöhnlich. Mit 18 Jahren hat sie einen der bedeutendsten britischen Romane hingelegt, den Schauerroman Frankenstein*). Mit künstlichen Menschen hat man doch immer so seinen Stress, besonders, werden sie richtig lebendig, verlieben sie sich, wollen sie ein normales Leben. Behandelt man sie ungerecht oder verletzt man oder beleidigt sie, dann werden sie rabiat und morden eiskalt. Oberflächlich betrachtet ist es Frankenstein so ergangen. Es ist aber noch viel mehr drin in Frankenstein. Seine Gestalt, die Lebensumstände geben mehr her. Will man Frankenstein tiefer verstehen, dann versteht man was von Mary und ihrer Zeit. Dann bekommt man Respekt vor Mary Godwin. Bei ihr ist man mitten drin in den großen Themen des Lebens. Davon ist in unserer Zeit noch sehr viel in Bearbeitung.
Mary ist an ihren vielfältigen Lebensthemen immer drangeblieben, hat sie erforscht, in Szene gesetzt. Viel haben wir ihr zu verdanken, sehr viel die Shelley-Forschung. Da ist ihre großartige Leistung, Shelleys Lyrik zu editieren. Dann noch ihre eigene Lyrik, aus dem ein abgeklärtes, nüchternes Bewusstsein spricht.
Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit gehörte zum Lebensstil dieser besonderen Frau des romantisch, fantastischen Literaturbetriebs. Was hat sie an Schöngeistigen nicht alles hervorgebracht: Romane, Kurzgeschichten, Theaterstücke, Essays, Gedichte, Rezensionen, Biografien und Reiseerzählungen.
Inspirierend ihre Reiseerzählungen! Ihre ‘Streifzüge durch Deutschland und Italien’ werden noch verlegt. Wie wäre das, ein paar Frauen auf Entdeckungsreise, ein von ihr beschriebenes Gebäude in einer Stadt feierlich umstehend oder ein Gasthaus ernsthaft suchend. Vielfältige Bemühungen mit ihren Augen sehen zu wollen, dabei Auszüge aus ihrem Werk rezitierend. Wie wäre das? Ja, wie wäre das!
Danke und Chapeau! Mary Wollstonecraft Shelley!
Seh- und Lesehinweise:
Frankenstein (Filmsequenzen, 1931) mit Boris Karloff
Mary Shelley: Frankenstein oder Der moderne Prometheus (Buch)
Mary Shelley: Streifzüge durch Deutschland und Italien
Muriel Spark: Mary Shelley (Eine Biographie, Insel TB)
*) ‘Frankenstein’ steht für einen Namen und nicht für den Namen eines Monsters!